Wertquoten haben beim Stockwerkeigentum eine sehr grosse Bedeutung. Nach ihnen richten sich die jährlichen Beiträge an die Kosten, die Anteile am Erneuerungsfonds und an Sanierungen und am Liquidationserlös. Sie gelten, weil im Grundbuch eingetragen, als unabänderlich. Das stimmt nicht ganz. Allerdings ist eine Anpassung nur unter qualifizierten Voraussetzungen möglich (dazu BGE 127 III 142 ff. = Pra 2001 Nr. 99).
Sachverhalt
Bevor ein Alleineigentümer ein Grundstück im Tessin überbaute, begründete er Stockwerkeigentum. Von den 20 Einheiten wurden in der Folge 19 verkauft, eine Einheit behielt der ursprüngliche Eigentümer zurück. Erst nach dem Verkauf der Stockwerkeigentumseinheiten wurde die Baute realisiert. Etwa 10 Jahre später verlangten die 19 Stockwerkeigentümer eine Anpassung der aus ihrer Sicht übermässig hohen Wertquoten und klagten den ursprünglichen Eigentümer mit dem Begehren ein, die Wertquoten anzupassen. Geltend gemacht wurde, dieser hätte sich anlässlich der Begründung des Stockwerkeigentums bei der Bestimmung der Wertquoten bevorteilt.
Grundsatz: Grosses Ermessen
Begründen Miteigentümer Stockwerkeigentum, so sind sie bei der Ausgestaltung frei und haben ein grosses Ermessen bei der Bestimmung der Wertquoten. So können Wertquoten sowohl aufgrund von objektiven Faktoren (Fläche) wie auch aufgrund von subjektiven (Aussicht, Zugang, Immissionen, etc.) bestimmt werden. Meist werden verschiedene Kriterien für die Bestimmung der Quoten verwendet (Bewertungsmethode).
Änderungen nur bei qualifizierten Voraussetzungen
Die Änderung von Wertquoten ist in Art. 712e Abs. 2 ZGB geregelt. Änderungen der Wertquoten bedürfen gemäss dieser Bestimmung entweder der Zustimmung aller unmittelbar Beteiligten und der Genehmigung der Versammlung der Stockwerkeigentümer oder ein Urteil. Jeder Stockwerkeigentümer hat Anspruch auf Berichtigung durch den Richter, wenn seine Quote aus Irrtum unrichtig festgesetzt wurde oder infolge von baulichen Veränderungen des Gebäudes oder seiner Umgebung unrichtig geworden ist. Die Bestimmung von Art. 712e Abs. 2 ZGB kommt auch dann zur Anwendung, wenn das Stockwerkeigentum vor der Realisierung einer Baute aufgrund von Plänen errichtet wird, die Bauarbeiten dann aber zu einem Ergebnis führen, das von den Plänen abweicht. Auch das sind bauliche Veränderungen im Sinne des Gesetzes.
Bedeutung der ursprünglich angewandten Berechnungsmethode
Allerdings genügen für eine Änderung der Wertquoten nicht alle Änderungen. Um zunächst eine Änderung überhaupt feststellen zu können, müssen die Kriterien bekannt sein, die bei der ursprünglichen Festlegung der Quoten angewendet wurden. Das ist die Berechnungsmethode. Diese Berechnungsmethode wird dann auf die realisierte Baute angewendet um das Ausmass des Unterschieds zu bestimmen. Ist der Unterschied gross, kommt eine Änderung der Wertquoten in Betracht. Es ist aber nicht so, dass der Richter eine völlig neue Bestimmung der Wertquoten vornimmt und diese dann mit denjenigen vergleicht, die im Grundbuch eingetragen sind. Er stützt sich vielmehr auf die Grundlagen (Berechnungsmetode), welche bei der Begründung von Stockwerkeigentum verwendet wurden. Diese muss bekannt sein.
Beweisrisiko
Die Beweislast für die ursprünglichen Kriterien bzw. die ursprüngliche Berechnungsmethode trifft den Stockwerkeigentümer, der eine Änderung fordert. Den Beweis kann er mittels der allenfalls auf Papier festgehaltenen Methode erbringen, sonst über ein Gutachten. Der Gutachter hat dann die angewendeten Kriterien aufgrund der Pläne und der im Grundbuch eingetragenen Wertquoten zu ermitteln, um anschliessend eine Abweichung feststellen zu können.
Im vorliegenden Fall konnten die Kläger die Berechnungsmethode nicht nachweisen, weshalb die Klage abgewiesen wurde.
Fazit
Wer eine Stockwerkeigentumseinheit an einer im Bau befindlichen oder erst geplanten Baute erwirbt, tut gut daran, sich um die Methode zu kümmern, aufgrund welcher die Wertquoten ermittelt wurden. Er riskiert sonst, auf einer zu grossen Wertquote sitzen zu bleiben, wenn die realisierte Baute zu seinem Nachteil nicht den Plänen entspricht.