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Vorsicht bei Vorverträgen

Ein Kaufvertrag über ein Grundstück bedarf der öffentlichen Beurkundung. Ohne diese Beurkundung gibt es keine Erfüllungspflichten. Regelmässig gehen dem Kaufvertrag Verhandlungen voraus, oft auch Zahlungen. Wenn es zu Zahlungen kommt, wird meist etwas schriftlich vereinbart und das Vereinbarte von den Parteien unterschrieben. Die rechtliche Qualifikation einer solchen Vereinbarung und damit der Zahlungen ist, wenn es nicht zum Abschluss des Kaufvertrages kommt, meist strittig, vor allem wenn sich der vorgesehene Verkäufer weigert, die Anzahlung zurückzuerstatten.

Ein derartiger Vertragstext, welcher vorliegend im Zusammenhang mit einem Mietvertrag abgeschlossen wurde, lag kürzlich dem Bundesgericht zur Entscheidung vor (4A_390/2015). Die massgebliche Bestimmung lautete:
– Gebäude- und Landanteil gem. beiliegendem Katasterplan
– Mietvertrags-Auflösung per 30.06.2006 möglich, als Uebergang zu Kaufvertrag.
– Kaufpreis D.________, in U.________:
Fr. 800‘000.00 (Achthunderttausend Franken) gemäss beil. Grundrissplan und Gebäudeversicherungs-Policen. Festpreiszusage bis 31.12.2006; Anzahlung Fr. 40‘000.00 (Vierzigtausend Franken) (5 % des Kaufpreises), dafür verpflichtet sich der Vermieter/Verkäufer, bis zum 31.12.2006 keine weiteren Kaufinteressenten zu suchen.
– Ab Datum des Kaufes reduziert sich der Kaufpreis um Fr. 1‘000.00 pro Monate der vorhergegangenen Mietdauer.“
Nachdem es nicht zum Kaufvertrag kam, war zwischen den Parteien im Prozess strittig, ob der Vermieter die „Anzahlung“ von Fr. 40‘000.-, welche vom Mieter unbestritten bezahlt wurde, dem Mieter zurückzuzahlen hatte oder aufgrund der Vereinbarung behalten durfte.

Notwendigkeit einer Vertragsauslegung
Da nicht klar war, was die Parteien mit der Vereinbarung genau gemeint hatten, musste die obige Vereinbarung vom Bundesgericht ausgelegt werden. Massgeblich für eine solche Auslegung ist das, was nach Treu und Glauben von den Parteien aufgrund des Vertragstextes und der Umstände verstanden werden durfte und musste. Vorliegend war einzig der Text der Vereinbarung von Bedeutung. Weitere Vertragsumstände wurden von den Parteien nicht behauptet.

Kein Vorvertrag
Durch den Vorvertrag wird gemäss Art. 22 Abs. 1 OR die Verpflichtung zum Abschluss eines zukünftigen Vertrages begründet. Der Vorvertrag verschafft somit einer oder beiden Parteien das Recht, den Abschluss des Hautpvertrages zu verlangen. Ist der abzuschliessende Vertrag ein Grundstückkaufvertrag, muss auch der Vorvertrag öffentlich beurkundet werden (Art. 216 Abs. 2 OR), ansonsten er nichtig ist. Das war vorliegend die Argumentation des Mieters, weil er so die Anzahlung von Fr. 40‘000.- zurückfordern konnte. Aber das Bundesgericht qualifizierte die obige Vereinbarung nicht als Vorvertrag.

Sondern eine Exklusivvereinbarung
Das Bundesgericht sah in der Vereinbarung nämlich keine Verpflichtung der Parteien zum Abschluss eines Grundstückkaufvertrages, also keinen Vorvertrag. Beide Parteien wollten sich mit der Vereinbarung noch gar nicht binden. Jeder Partei stand es frei, einen solchen Kaufvertrag abzuschliessen oder nicht. Auch der in der Vereinbarung genannte Kaufpreis von Fr. 800‘000.- war nur als Punktuation, d.h. als Fixierung eines im Verlauf von Vertragsverhandlungen erreichten Zwischenergebnisses, zu verstehen.
Die massgebliche Verpflichtung des Vermieters sah das Bundesgericht nicht in der Pflicht zum Abschluss eines Kaufvertrages sondern darin, das Grundstück während einer längeren Dauer nicht einem Dritten zu verkaufen bzw. gar keinen solchen Dritten zu suchen. Das aber ist eine Exklusivvereinbarung und kein Vorvertrag, also keine Pflicht des Vermieters, einen Kaufvertrag mit dem Mieter abzuschliessen. Für diese Leistung erhielt der Vermieter die Fr. 40‘000.-. In der Vereinbarung weist das Wort „dafür“ auf diesen Sinn hin. Da eine solche Exklusvvereinbarung nicht öffentlich zu beurkunden ist und die Fr. 40‘000.- für diese Leistung bezahlt wurden, waren sie dem Mieter nicht zurückzuerstatten.

Fazit
Wenn es im Vorfeld von Kaufverträgen über Grundstücke zu Zahlungen kommt, ist Klarheit darüber zu erzielen, wofür diese Zahlungen geleistet werden. Erfolgt die Zahlung als erste Leistung im Hinblick auf den Abschluss des Kaufvertrages, so liegt ein Vorvertrag vor. Dieser ist bei Grundstücken ebenfalls öffentlich zu beurkunden, ansonsten aus dem Vertrag keine Erfüllungspflichten entstehen. In diesen Fällen ist die geleistete Anzahlung zurückzuerstatten. In anderen Fällen ist zu fragen, wofür die Zahlung geleistet wurde.