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Vertragliche Verzichtserklärung durch den Mieter

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I. Problemstellung
In Mietstreitigkeiten kommt es immer wieder zu Einigungen von Mietern und Vermietern. Das gilt vor allem auch bei der Festlegung des Mietzinses. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Mieter überhaupt auf Rechte, welche ihm das Mietrecht einräumt, rechtswirksam verzichten kann. Diese Frage stellt sich vor allem bei strittigen Mietzinsreduktionen.

II. Sachverhalt
Dem Bundesgericht wurde in diesem Zusammenhang der folgende Sachverhalt vorgelegt: In einem Mietvertrag legten Mieter und Vermieter schriftlich fest, dass der Hypothekarzinsfuss keinen Einfluss auf die Mietzinsgestaltung haben soll. Insbesondere wurde die folgende Klausel vereinbart:

„Schwankungen des Hypothekarzinses werden bei der Festsetzung des Mietzinses nicht berücksichtigt. Landesindex 100.40 Punkte“.

Trotz dieser klaren Klausel verlangte ein Mieter eine Reduktion des Mietzinses, weil der Hypothekarzinsfuss nach Vertragsabschluss massiv gefallen war.

III. Urteil des Bundesgerichts vom 26. Oktober 2006 (4C.203/2006)
In seinem Urteil vom 26. Oktober 2006 (4C.203/2006) musste das Bundesgericht zunächst eine Auslegung der obigen Klausel vornehmen. Es hält dazu fest, dass eine Vertragsklausel nach dem Vertrauensprinzip auszulegen sei. Entscheidend sei, wie eine Vertragsklausel nach Treu und Glauben aufgrund aller massgeblichen Umstände verstanden werden durfte und musste. Auch ein vom Wortlaut klarer Text könne auslegungsbedürftig werden, wenn andere Vertragsklauseln, das Ziel des Vertrages oder Umstände des Vertragsabschluss Zweifel aufkommen lassen, ob der vermeintlich klare Wortlaut den wahren Absichten der Parteien entsprechen. Im vorliegenden Fall aber folgte die Auslegung dem objektiven und klaren Wortlaut.
Zur Dispositionsfreiheit der Parteien führt das Bundesgericht aus, dass in der Schweiz grundsätzlich der Grundsatz der Vertragsfreiheit gelte. Es sind also die Vertragsparteien, welche den Vertragsinhalt bestimmen. Sie haben sich dabei allerdings an die zwingenden Bestimmungen des Gesetzes zu halten.
Eine solche zwingende Bestimmung stelle Art. 270 a OR dar. Gemäss dieser Bestimmung kann der Mieter eine Herabsetzung des Mietzinses fordern, wenn er Grund zur Annahme hat, dass der Vermieter wegen wesentlicher Änderung der Berechnungsgrundlagen einen übersetzten Ertrag aus der Mietsache erziele. Das Gesetz biete den Mietparteien im Zusammenhang mit der Mietzinsgestaltung eine endgültige Lösung an, welche den Interessen beider Parteien diene. Davon dürfe auch durch Parteivereinbarung nicht abgewichen werden. Nicht einmal durch einen Rahmenmietvertrag könne das Recht des Mieters, eine Herabsetzung des Mietzinses zu verlangen, eingeschränkt werden.
Der Hypothekarzins stelle zudem eine massgebliche Berechnungsgrundlage nach Art. 270 a OR dar. Nachdem das System der Mietzinsgestaltung auf einer theoretischen Finanzierungsstruktur einer Liegenschaft beruht und durch standardisierte Weitergabe von Hypothekarzinsveränderungen charakterisiert wird, spielt es auch keine Rolle, dass die massgebliche Liegenschaft vollständig eigenfinanziert ist.
Die Berufung auf die Nichtigkeit der Klausel durch den Mieter sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die beurteilte Vertragsklausel stamme vom Vermieter und nicht vom Mieter. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass der Mieter zum Voraus über die Nichtigkeit der Klausel informiert gewesen sei und sie trotz der Kenntnis der Nichtigkeit vereinbart hat.
Entsprechend konnte der Mieter eine Mietzinsreduktion gestützt auf eine Senkung des kantonalen Hypothekarzinses durchsetzen, obwohl er im Mietvertrag unterschrieben hatte, dass diese Herabsetzung vorliegend keine Rolle spielen dürfe.

IV. Würdigung des Urteils
Das Urteil setzt die strenge Praxis des Bundesgerichts fort, bei der Gestaltung des Mietzinses die Parteiautonomie wesentlich zurückzudrängen. Das Mietrecht biete eine abschliessende und die Interessen beider Parteien berücksichtigende Ordnung an. Die Materie sei eh schon komplex genug und dürfe nicht durch Parteivereinbarungen noch komplexer gestaltet werden.