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Unterhaltskosten für Liegenschaften

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I. Massgeblicher Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen A. und B. waren im Jahre 2002 Miteigentümer einer Wohnung, welche sie zusammen mit ihren Kindern bewohnten. Am 24. September 2002 erwarben die Steuerpflichtigen eine Liegenschaft im Kanton Genf. Nach dem Erwerb nahmen sie in der Liegenschaft Bauarbeiten vor. Am 3. März 2003 zogen die Steuerpflichtigen in der neuen Liegenschaft ein.
In der Steuererklärung für das Jahr 2002 machten die Steuerpflichtigen die Gebäudeversicherungsprämie von CHF 3‘259.10 und Formularkosten von CHF 35 als Abzüge von ihrem Einkommen geltend. Ein Eigenmietwert wurde für das Jahr 2002 von den Steuerpflichtigen nicht angegeben.
Mit Veranlagung vom 9. Februar 2004 verweigerte die Steuerbehörde des Kantons Genf den Abzug der Gebäudeversicherungsprämie und der Formularkosten. Rechtsmittel der Steuerpflichtigen gegen diese Veranlagung im Kanton Genf waren erfolglos. Die Verweigerung des Abzuges wurde damit begründet, dass im Jahre 2002 aus der Liegenschaft kein Ertrag erzielt werden konnte. Deshalb seien auch Abzüge nicht zulässig.

II. Problemstellung
Es fragte sich, ob der Abzug von Unterhaltskosten bei Liegenschaften tatsächlich davon abhängig gemacht werden kann, dass aus der Liegenschaft ein Ertrag erzielt wird. Das Bundesgericht hat in BGE 133 II 287 diese Frage verneint.

III. Das System der Besteuerung des Gesamtreineinkommens
Das Bundesgericht hält im Entscheid zunächst fest, dass in der Schweiz grundsätzlich das System des Gesamtreineinkommens gelte. Gemäss diesem System können die gesamten Gestehungskosten, die allgemeinen Abzüge und die Sozialabzüge vom steuerbaren Gesamteinkommen in Abzug gebracht werden. Die Unterhaltskosten für Liegenschaften stellten organische Gestehungskosten von Immobilieneinkünften dar. Ohne Unterhalt einer Liegenschaft gibt es langfristig auch keine Erträge daraus. Dieses System der Besteuerung des Gesamtreineinkommens sei den Kantonen durch Art. 9 des Steuerharmonisierungsgesetzes vorgeschrieben.

IV. Ausgestaltung des Systems bei Liegenschaften
Bei Liegenschaften kommen zwei verschiedene Erträge zum Zuge. Entweder es wird ein Mietertrag erwirtschaftet, wenn Dritte die Liegenschaft nutzen. Oder es wird ein Eigenmietwert erzielt, wenn die Eigentümer die Liegenschaft bewohnen.
Bei solchen Liegenschaften können die Kosten für den Liegenschaftsunterhalt abgezogen werden. Nicht abziehbar sind aber die Kosten für den Erwerb der Liegenschaft und die Kosten für eine Verbesserung der Liegenschaft (Wertvermehrung). Gemäss der Dumont-Praxis des Bundesgerichts sind zudem diejenigen Unterhaltskosten nicht abziehbar, welche innerhalb von 5 Jahren seit dem Erwerb für die Sanierung eines Gebäudes aufgewendet werden, deren Unterhalt vernachlässigt worden ist. Grund für die letztere Ausnahme ist der Umstand, dass die Vernachlässigung des Unterhalts regelmässig im Kaufpreis berücksichtigt worden ist. Auch nicht abziehbar sind Lebenshaltungskosten und Kosten, welche mit einem Hobby oder einer Liebhaberei zusammenhängen, wenn dieses Hobby oder diese Liebhaberei nicht zu einem Erwerbseinkommen führt.

V. Anwendung auf den zu beurteilenden Fall
Im vorliegenden Fall waren die abgezogenen Kosten als Unterhaltskosten zu qualifizieren. Das Bundesgericht hält in diesem Zusammenhang zudem fest, dass keine vollständige Symmetrie zwischen Einkommen und Gestehungskosten bestehen müsse, vor allem keine zeitliche Symmetrie. Ein Vorbehalt müsse nur für Aufwendungen angebracht werden, welche wegen fehlendem oder geringem Einkommen auf Dauer gesehen nicht gerechtfertigt erscheinen und deshalb aus wirtschaftlicher Überlegung keinen Sinn machen.

VI. Würdigung
Der Entscheid des Bundesgerichts ist schon deshalb von Bedeutung, weil er einer der wenigen Fälle darstellt, in denen das Bundesgericht dem Steuerpflichtigen Recht gegeben hat. Der Fall zeigt auch, dass man bereit sein muss, über drei Instanzen ans Bundesgericht zu gelangen, wenn man vom Steuervogt ungerechtfertigt behandelt wird. Im Übrigen enthält der Entscheid eine Zusammenfassung der Praxis und der Prinzipien und Rechtsgrundlagen, auf welchen diese Praxis beruht. Die Dumont-Praxis des Bundesgerichts soll übrigens auf Bundesebene durch den Gesetzgeber aufgehoben werden. Sie stellt beim Erwerb einer Liegenschaft eine eigentliche Steuerfalle dar.