Das erste Mal in der breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden sind die Staatsfonds in der Schweiz gegen Ende 2007, als der Staatsfonds von Singapur einen Aktienanteil von beinahe 10 Prozent an der UBS erworben hat. Seither ist immer wieder zu lesen, dass sich ein Staatsfonds als Grossaktionär an einer Publikumsgesellschaft beteiligt hat. Staatsfonds sind denn auch heute eines der zentralen Themen in der Finanzwelt und somit auch für den „The Investor“ von Interesse. Was sind überhaupt Staatsfonds, welchen Einfluss haben sie als Grossaktionäre auf eine Unternehmung und auf den Börsenkurs? Diese Fragen werden nachfolgend beleuchtet.
Die Staatsfonds, die sog. Sovereign Wealth Fonds (SWF), sind staatlich kontrollierte Fondsgesellschaften, welche in der Regel aus staatlichen Devisenüberschüssen gespeist werden. Sie sollen als staatliche Stabilisierungsfonds, Sparfonds für künftige Generationen, Rücklagenfonds, als Entwicklungsfonds oder als Pensionsrückstellungsfonds dienen und investieren im In- und Ausland auf relativ langfristiger Basis. Sie stellen somit Staatsvermögen dar und stehen neben anderen staatlichen Organisationen wie Zentralbanken, Entwicklungsbanken und anderen öffentlichen Körperschaften. Quellen der Staatsfonds-Mittel sind vor allem Förderabgaben für Bodenschätze oder etwa auch staatliche Haushaltsüberschüsse. Verbreitet sind die SWF hauptsächlich in Asien, insbesondere im Nahen Osten, aber etwa auch in Kanada oder anderen rohstoffreichen Ländern. Dies zeigt auch eine Rangliste der wichtigsten Staatsfonds weltweit mit Abu Dhabi, Kuwait, China auf den vorderen Plätzen, aber auch mit Kasachstan, der Republik Alaska oder mit Chile. Exponenten aus Europa sind selten. Das von Staatsfonds weltweit verwaltete und angelegte Vermögen beläuft sich heute auf gut USD 5‘000 Milliarden; im Jahre 2015 wird es an die USD 10 Billionen betragen.
Zielbereich dieser milliardenschweren Investments war in den letzten Jahren grossmehrheitlich der internationale Finanzbereich, und zwar in einem Umfang von über 90%. Während und unmittelbar nach der Finanzkrise waren Aktien von international tätigen Banken oft zu einem Bruchteil ihres früheren Wertes zu haben. Ein Eldorado also für längerfristig orientierte Investoren wie die Staatsfonds. Diese erhofften sich aus Beteiligungen zudem strategische Vorteile für eine engere geschäftliche Beziehung zu ihrem eigenen Banken- und Industriesektor. Zudem haben sich viele Staatsfonds bzw. Staaten durch Investments einen nicht zu unterschätzenden Reputationsgewinn verschafft. Der Trend zu Investments im Finanzbereich ist heute jedoch rückläufig, dies aus Gründen der Portfoliodiversifizierung, aus Überlegungen zum Investitionsrisiko und so weiter. Heute werden andere Anlagebereiche wie Unternehmen aus dem Rohstoff-, Immobilien- oder Technologiebereich bevorzugt.
Investiert ein Staatsfonds im grossen Stil in eine Gesellschaft, kann er jedenfalls den Börsenkurs der Unternehmung beeinflussen. Beteiligen sich diese parastaatlichen Grossvermögen sogar noch mit grossen Anteilen an Banken, welche ihrerseits für die Volkswirtschaft eines anderen Staates von massgeblicher Bedeutung sind, stellt sich schnell einmal die Frage nach der Regulierung. Gefordert wird in jedem Fall, dass die SWF eine hinreichende Transparenz aufweisen, damit im Sinne einer Corporate Governance die Verhältnisse offen gelegt sind. Im nächsten Advisor-Beitrag wird auf die Frage eingegangen, ob solche SWF überhaupt als Grossaktionäre erwünscht sind, welche Regulierungsmassnahmen bereits hinsichtlich von Staatsfonds vorhanden oder aber in Vorbereitung sind und wo noch Handlungsbedarf besteht.