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Mietvertragliche Gebrauchseinschränkungen

Immer wieder kommt es vor, dass ein Vermieter mit seinem Mieter unzufrieden ist, weil sich dieser – angeblich – nicht an den vereinbarten Mietgebrauch hält. Vor allem wenn der Mieter fremden Personen die Nutzung der Mietsache überlässt, ist Streit vorprogrammiert.
Das Bundesgericht hat in einem neueren Entscheid die verschiedenen Probleme, welche sich dabei stellen, ausgeleuchtet und die rechtlichen Grenzen abgesteckt (4A_47/2010 = Pra 99 (2010) Nr. 113).

I. Sachverhalt
Die Parteien schlossen einen Mietvertrag ab. Gemäss Mietvertrag überliess der Vermieter dem Mieter ab dem 1. Juni 1997 eine Dreizimmer-Wohnung zum Gebrauch. Im Mietvertrag wurde geregelt, dass die Mietsache „ausschliesslich für Wohnzwecke“ genutzt werden dürfe. In der Folge liess der Mieter seinen Bruder und einen Freund in der Wohnung leben. Beide waren bedürftig und konnten nicht für ihren Lebensunterhalt sorgen. Der Vermieter war der Meinung, diese Nutzung stelle eine unsorgfältige Nutzung der Mietsache dar und kündigte dem Mieter. Der Mieter setzte sich zur Wehr.

II. Zur Auslegung von Mietverträgen
Interessant sind die Vorbemerkungen des Bundesgerichts zur Auslegung eines Mietvertrages. Vorliegend ging es vor allem um die Auslegung der Klausel „ausschliesslich für Wohnzwecke“.

In erster Linie massgeblich ist, was die Parteien tatsächlich vereinbart haben, unabhängig davon, welche Worte sie für ihre Einigung verwenden. Die tatsächliche Einigung muss vom Gericht festgestellt werden und stellt deshalb Sachverhaltsfeststellung dar. Diese kann vor Bundesgericht nur noch sehr eingeschränkt überprüft werden.

Kann die tatsächliche Einigung nicht festgestellt werden, ist das Verhalten der Parteien und der Text der Vereinbarung nach Treu und Glauben auszulegen. Dabei muss sich eine Partei einerseits den objektiven Sinn einer Erklärung oder eines Verhaltens entgegenhalten lassen, selbst dann, wenn dieser objektive Sinn nicht ihrem – nicht erklärten – Vertragswillen entspricht. Andererseits aber ist auch ein vermeintlich klarer Vertragstext nicht massgeblich, wenn es ernsthafte Gründe für die Annahme gibt, dass der Vertragstext nicht dem Willen der Parteien entspricht. Solche Zweifel am objektiv klaren Vertragstext können durch andere Vertragsklauseln, durch den von den Parteien verfolgten Zweck und durch andere Umstände begründet werden.

III. Bestimmung des zulässigen Gebrauchs durch den Mieter
Gemäss Art. 256 Abs. 1 OR ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben. Der vorausgesetzte Gebrauch kann ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart werden. Eine stillschweigende Vereinbarung liegt z.B. vor, wenn die Mietsache durch den Mieter während längerer Zeit benutzt wurde, ohne dass der Vermieter Einsprache erhoben hätte.

Die ausdrückliche Festlegung des Gebrauchs erfolgt in erster Linie im Mietvertrag und in seinen Anhängen. Dort sollte einerseits der Gebrauchszweck geregelt werden, ob also die Mietsache als Wohnung, als Lagerraum, als Büro, als Werkstatt, usw. gebraucht werden darf. Zusätzlich sollten auch die Gebrauchsmodalitäten im Vertrag geregelt werden. Insbesondere kann damit der Kreis der Benutzer eingeschränkt werden. Sogar die Pflicht, die Wohnung selbst zu nutzen kann im Mietvertrag festgelegt werden. Mit der Regelung der Gebrauchsmodalitäten legt der Vermieter fest, was als zulässiger und als sorgfältiger Gebrauch gilt. Verstösse kann er als unzulässig oder als unsorgfältig verbieten lassen oder, wenn der unzulässige und unsorgfältige Gebrauch nicht unterbunden wird, kann der Vermieter kündigen, bei schweren Verstössen sogar mit verkürzten Fristen.

IV. Was gilt bei der Überlassung des Gebrauchs an Dritte durch den Mieter
Enthält der Mietvertrag keine Regelungen zu den Gebrauchsmodalitäten und legt z.B. nur die Wohnnutzung fest, so ist der Mieter praxisgemäss nicht verpflichtet, die Wohnung selber zu nutzen. Er kann Familienmitglieder und Angehörige aufnehmen, ohne dass der Vermieter widersprechen könnte.

V. Fazit
Der Vermieter sollte sich vor Abschluss eines Mietvertrages Gedanken machen, welchen Gebrauch er im Mietobjekt dulden will und welchen nicht. Im Mietvertrag hat er dann den zulässigen Gebrauch genau zu umschreiben. Wichtig ist, dass nicht nur der Gebrauchszweck umschrieben wird (Nutzung als Wohnung, als Lagerraum, als Büro, als Werkstatt, usw.). Genauso wichtig sind die Gebrauchsmodalitäten. Insbesondere ist dort der Benutzerkreis zu umschreiben. Nur so kann sich ein Vermieter vor unliebsamen Überraschungen schützen.
Bei der Formulierung ist zudem auf Konsistenz zu achten. Verfolgter Zweck, Vertragstext, die einzelnen Klauseln und das gesamte Verhalten sollten aufeinander abgestimmt werden.