I. Ausgangslage
Es kommt immer wieder vor, dass ein Eigentümer eines Mehrfamilienhauses eine Sanierung seiner Liegenschaft durchführen will. Er kommt dann in Konflikt mit den bestehenden Mietverhältnissen. Das gilt vor allem dann, wenn ein Eigentümer eine sanierungswürdige Liegenschaft erwirbt, welche er sanieren will. Es kommt dann regelmässig zu Auseinandersetzungen. Die Mieter wollen in den Mieträumlichkeiten verbleiben und sind allenfalls auch bereit dazu, gewisse Unannehmlichkeiten für eine gewisse Zeit zu erdulden. Der Eigentümer und Vermieter demgegenüber möchte möglichst schnell und günstig sanieren und ist darauf angewiesen, die Liegenschaft zu leeren. Viele Mieter, welche in einer solchen Situation eine Kündigung erhalten, sind der Meinung, dass die Kündigung ungültig ist und deshalb angefochten werden kann, wenn das Verbleiben der Mieter im Mietobjekt während der Sanierungsarbeiten zumutbar ist. Ein solcher Fall war auch in Uster, Kanton Zürich, zu entscheiden. Den Mietern einer am 1. April 1996 gemieteten 5 ½ – Zimmerwohnung wurde am 10. Januar 2007 gekündigt. Begründet wurde die Kündigung vom Vermieter mit erheblichen Sanierungsmassnahmen (vollständige Auswechslung der Küchen, Bäder und sämtlicher Leitungsinstallationen, Veränderung der Wohnungsgrundrisse und Erneuerung der Wand- und Bodenbeläge), welche ein weiteres Bewohnen nicht zumutbar mache.
II. Betroffene Interessen
Wie oben bereits angetönt, sind Mieter oft dazu bereit, gewisse Unannehmlichkeiten während einer Sanierung zu erdulden, damit sie im Mietobjekt verbleiben dürfen. Die Mieter argumentieren dann oft mit Art. 260 OR, welcher es dem Vermieter erlaubt, während bestehender Mietverhältnisse bauliche Massnahmen auszuführen. Vorausgesetzt wird allerdings, dass die Arbeiten für den Mieter zumutbar sind und das Mietverhältnis nicht gekündigt ist. Daraus wird von den Mietern abgeleitet, dass bei zumutbaren Sanierungsarbeiten das Mietverhältnis nicht gekündigt werden dürfe.
Demgegenüber will der Vermieter eine zügige und kostengünstige Durchführung der Arbeiten. Während Sanierungsarbeiten die vielen verschiedenen Interessen der Mieter in den Bauablauf zu integrieren und mit den Arbeiten der Unternehmer zu koordinieren, kann viel Zeit und damit auch Geld kosten. Auch Schutzmassnahmen zu Gunsten von verbleibenden Mietern können oft sehr teuer werden. Der Vermieter hat deshalb ein grosses Interesse daran, gerade bei grösseren Sanierungsprojekten das Mietobjekt zu leeren.
III. Die Entscheidung des Bundesgerichts
Der Uster-Fall wurde nach verschiedenen Instanzen dem Bundesgericht vorgelegt (4A_399/2008).
Das Bundesgericht legte zuerst die Bestimmung von Art. 260 OR aus. Es kam nach einer umfassenden Auslegung dieser Bestimmung zum Schluss, dass diese Bestimmung nur das Recht des Vermieters und damit die entsprechende Pflicht des Mieters regle, Änderungen und Erneuerungen an einem Mietobjekt auch während eines bestehenden Mietverhältnisses vorzunehmen. Die Bestimmung enthält aber keine Pflicht des Vermieters, von seinem Recht auf Erneuerung und Änderung Gebrauch zu machen, wenn die Zumutbarkeit für den Mieter gegeben ist. Ein erhöhter Schutz des Mieters vor Kündigungen soll diese Bestimmung aber nicht enthalten.
Die Bestimmungen von Art. 271 und 271a OR, welche die Anfechtung von sozialpolitisch unerwünschten Kündigungen enthalten, sehen denn auch keinen speziellen Missbrauchstatbestand bei der Kündigung wegen Sanierung vor. Entsprechend ist eine Kündigung, welche wegen Sanierungsarbeiten ausgesprochen wird, nur nach der Generalklausel nach Art. 271 OR zu beurteilen.
Gemäss Art. 271 OR ist eine Kündigung anfechtbar, wenn sie Treu und Glauben widerspricht. Dies ist der Fall, wenn die Kündigung ohne objektives, ernsthaftes und schützenswürdiges Interesse ausgesprochen wird. Das gilt u.a. auch dann, wenn ein Kündigungsgrund nur vorgeschoben wird.
Im Uster-Fall war tatsächlich eine umfassende Sanierung des Mietobjektes geplant. Die Kündigungen wurden auch mit dieser Begründung ausgesprochen. Das sind schutzwürdige und ernsthafte Interessen des Vermieters. Dass die Mieter bereit sind, die Unannehmlichkeiten zu erdulden, heisse nicht, dass der Vermieter darauf eingehen muss. Organisatorische und technische Gründe sprechen oft dagegen, die Mieter während der Bauphase im Objekt zu belassen. Eine Ausnahme müsse allenfalls dann gemacht werden, wenn die Durchführung der Sanierung durch das Verbleiben der Mieter nicht oder nur unerheblich erschwert oder verzögert wird, wie dies z.B. beim blossen Streichen von Wänden der Fall ist. Diese Ausnahme lag im vorgelegten Fall aber nicht vor.
IV. Würdigung
Die Entscheidung des Bundesgerichts ist nachvollziehbar und aufgrund der Rechtssituation in der Schweiz verständlich. Die Substanz der Mietliegenschaften soll langfristig auf einem guten Niveau erhalten bleiben. Das ist nur möglich, wenn die Mietobjekte regelmässig saniert werden können.