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Die neuen SKOS-Richtlinien zur Verwandtenunterstützung

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Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) hat ihre Richtlinien zur Bemessung der Sozialhilfe vor kurzem mit Blick auf die Verwandtenunterstützung geändert und die Unterstützungspflicht gelockert. Die Grenzwerte wurden angehoben und an die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichts angepasst. Mit der Einführung einer Pauschale für gehobene Lebensführung wurde zudem eine Vereinfachung in der Berechnungspraxis herbeigeführt. Die SKOS reagiert damit auf die wiederholt geübte Kritik an der geringen Höhe ihrer Grenzbeträge.

Neue Grenzwerte bei der familienrechtlichen Unterstützungspflicht
Die SKOS-Richtlinien zur Verwandtenunterstützung dienen den Sozialhilfebehörden als Richtwerte, ab wann eine Beitragsfähigkeit von Verwandten geprüft werden soll. Bislang galten Einkommenslimiten von CHF 60‘000 für Alleinstehende und CHF 80‘000 für Ehepaare, wobei pro minderjähriges Kind oder für eines in Ausbildung ein Zuschlag von CHF 10‘000 geltend gemacht werden konnte. Der Vermögensfreibetrag betrug für Alleinstehende CHF 100‘000, derjenige für Ehepaare CHF 150‘000. Auch die in den Richtlinien verwendete Berechnungsmethode der Unterstützungsleistungen gab zu Kritik Anlass, verhinderte sie doch mit ihren tiefen Ansätzen die Möglichkeit einer gehobenen Lebensführung des Pflichtigen und liess auch die Ansprüche zum Aufbau einer angemessenen Vorsorge weitestgehend unberücksichtigt.

Die Prüfung der Beitragsfähigkeit von Verwandten in auf- und absteigender Linie wird den Sozialbehörden neu nur noch in denjenigen Fällen empfohlen, in welchen das steuerbare Einkommen CHF 120‘000 (für Alleinstehende) bzw. CHF 180‘000 (für Ehepaare) übersteigt, ein Vermögensverzehr bereits inbegriffen. Der bisherige Zuschlag pro minderjähriges oder in Ausbildung befindliches Kind wurde auf CHF 20‘000 verdoppelt. Ebenso wurden die bisherigen Vermögensfreibeträge massiv erhöht. Sie wurden mit CHF 250‘000 (für Alleinstehende) und CHF 500‘000 (für Ehepaare) festgesetzt. Überdies wurde neu anstelle eines individuell bestimmten, anrechenbaren Betrages für den Lebensunterhalt eine Pauschale für gehobene Lebensführung eingeführt, welche die vorgängige Berechnungspraxis ersetzt. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse werden in der Regel aufgrund der Steuerdaten ermittelt. Es kann jedoch auch anderweitigen Hinweisen nachgegangen werden.

Mit den neuen Grenzwerten berücksichtig die SKOS nicht nur die Rechtsprechung des Bundesgerichtes, faktisch beschränkt sie die Verwandtenunterstützung auf gut verdienende und wohlhabende Verwandte und konkretisiert damit den Begriff der günstigen Lebensverhältnisse. Dank dieser neuen Praxis wird sich der ohnehin schon beschränkte Kreis der Unterstützungspflichtigen weiter stark einschränken. Ob die Verwandtenunterstützung bei einer künftigen Revision des ZGB ganz abgeschafft wird, muss im Moment offen bleiben. Bei einer letzten Revision jedenfalls hat eine Mehrheit des Parlaments noch an dem Institut festgehalten.

Uneinheitliche Rückgriffspraxis der Gemeinden und Kantone
Eine Schwäche der bisherigen Regelung der Verwandtenunterstützung ist die unterschiedliche Rückgriffspraxis der Gemeinden und Kantone. So haftet der bisherigen Rückgriffspraxis nicht ganz zu Unrecht der Makel der Zufälligkeit, der rechtsungleichen Behandlung und der Willkür an. Dies veranlasste die SKOS zusätzlich, den Gemeinwesen eine zurückhaltende Praxis bei der Verwandtenunterstützung zu empfehlen. Die Verwandtenunterstützung soll vor allem dort zum Tragen kommen, wo es aus Sicht der Steuerzahler unbillig wäre, wenn das Gemeinwesen für die Kinder oder Eltern wohlhabender Verwandter aufkommen müsste.

Noch haben nicht alle Kantone die neuen Richtlinien übernommen. Zwar besteht Einigkeit in der Einsicht, dass die alten Grenzwerte zu tief waren, doch bestehen vereinzelt noch Widerstände gegen die Verdoppelung der Grenzwerte. Gerade in den kommenden Jahren, da mit verminderten Steuererträgen der öffentlichen Haushalte zu rechnen ist, dürfte die Versuchung bestehen, vermehrt auf die Verwandtenunterstützung zurückzugreifen. Das Instrument zu fiskalischen Zwecken einzusetzen, ist jedoch nicht zulässig und vom Gesetzeszweck nicht gedeckt. Es wird denn auch die Aufgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung sein, hier Klarheit zu schaffen.