1. Allgemeines
Gemäss § 23 Absatz 1 Ziffer 2 StG ist der Mietwert von Liegenschaften oder Liegenschaftsteilen, die dem Steuerpflichtigen aufgrund von Eigentum oder eines unentgeltlichen Nutzungsrechtes für den Eigengebrauch zur Verfügung stehen, einkommenssteuerpflichtig.
Das Wohnrecht ist wie die Nutzniessung ein beschränktes dingliches Recht, eine Personaldienstbarkeit. Gegenüber der Nutzniessung ist das Wohnrecht inhaltlich beschränkt und nicht übertragbar; Inhalt ist in jedem Fall nur das Bewohnen eines Hauses, einer Wohnung oder eines Raumes.
Wohnrechte können entgeltlich oder unentgeltlich eingeräumt werden. Bei der entgeltlichen Rechtseinräumung kann die Gegenleistung durch periodische Zahlungen oder in Form einer Einmalleistung erfolgen. Bei der unentgeltlichen Begründung kann zwischen einer Zuwendungsnutzung und einer Vorbehaltsnutzung unterschieden werden.
Ein Wohnrecht ist im Grundbuch einzutragen. Dies ergibt sich aus Artikel 776 ff. ZGB i.V.m. Artikel 746 Absatz 1 ZGB.
2. Unentgeltliches Wohnrecht
2.1 Zuwendungsnutzung
Mit der Zuwendungsnutzung wird einem bisher dinglich nicht Berechtigten das Wohnrecht unentgeltlich zugewendet, ohne dass das belastete Grundstück gleichzeitig die Hand wechselt. Der Berechtigte erbringt keine Leistung, womit deren Unentgeltlichkeit offensichtlich ist. Der Wohnrechtsberechtigte hat demzufolge den Mietwert als Ertrag aus unbeweglichem Vermögen zu versteuern. Die unentgeltliche Zuwendung unterliegt im Umfang des kapitalisierten Wohnrechtes zusätzlich der Schenkungssteuer.
2.2 Vorbehaltsnutzung
Bei der Vorbehaltsnutzung behält sich der frühere Eigentümer das Nutzungsrecht im Rahmen einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Grundstücksübertragung vor (beispielsweise verkauft oder überträgt der Eigentümer sein Eigenheim an Nachkommen und bedingt sich ein lebenslängliches Wohnrecht aus). Zwischen dem Berechtigten und den Belasteten werden keine Leistungen ausgetauscht. Der Verkäufer übereignet die Liegenschaft mit der dinglichen Last des Wohnrechts. Er hat die Nutzung, d.h. das Wohnrecht behalten, ohne dafür eine Leistung zu erbringen. Bei der Vorbehaltsnutzung handelt es sich somit um ein unentgeltliches Nutzungsrecht im Sinne von § 23 Absatz 1 Ziffer 2 StG welches durch den Berechtigten zu versteuern ist.
2.3 Mietwert beim unentgeltlichen Wohnrecht
Beim Wohnrechtsberechtigten liegt im Gegensatz zum Eigentümer kein selbstgenutztes Wohneigentum vor. Dem Wohnrechtsberechtigten wird daher der Abzug von 40 % nach § 23 Absatz 3 StG nicht gewährt. Er hat den Marktmietwert nach § 23 Absatz 1 Ziffer 2 StG voll zu versteuern (vgl. StP 23 Nr. 1).
3. Entgeltliches Wohnrecht
3.1 Entgelt in Raten
Dem entgeltlichen Wohnrecht liegt grundsätzlich ein Mietvertag zugrunde. Der Grundeigentümer hat die Leistungen des Wohnrechtsberechtigten als Einkommen aus unbeweglichem Vermögen zu versteuern. Für den Wohnrechtsberechtigten stellt der Mietwert der Wohnung kein Einkommen dar, weil er für ihn keinen Reinvermögenszugang bewirkt.
3.2 Entgelt durch Einmalentschädigung
Verkauft der Grundeigentümer das Nutzungsrecht gegen eine Einmalentschädigung, so ist diese Leistung nach § 23 Absatz 1 Ziffer 1 StG steuerbar (Einkünfte aus Vermietung). Für die Steuersatzbestimmung wird anstelle der einmaligen Leistung eine entsprechende jährliche Miete angerechnet (§ 38 StG). Der Wohnrechtsberechtigte hat das Nutzungsrecht entgeltlich erworben; mithin ist keine Besteuerung des Mietwertes bei ihm möglich.
Veräussert der bisherige Eigentümer seine Liegenschaft zum Verkehrswert und bedingt sich dabei ein (lebenslängliches) Nutzungsrecht – unter Anrechnung an den Kaufpreis – aus, so kann diese „Einmalentschädigung“ beim neuen Grundeigentümer einkommenssteuerpflichtig sein.
4. Liegenschaftsunterhaltskosten
Allfällige Unterhaltskosten können von jedem Steuerpflichtigen abgesetzt werden, der sie tatsächlich trägt; sowohl vom Grundeigentümer als auch vom unentgeltlichen Wohnrechtsberechtigten.
Steuerverwaltung Kanton Thurgau,
StP 23 Nr. 2 vom 15.10.2009