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Besonderheiten im bäuerlichen Bodenrecht

In der Schweiz stehen viele Grundstücke in der Landwirtschaftszone und sind Teile von bäuerlichen Anwesen. In diesen Fällen ist zu beachten, dass neben dem ZGB immer auch das BGBB (Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 4. Oktober 1991) zur Anwendung kommt. Das gilt auch im Erbfall, wie ein neuer Bundesgerichtsentscheid vom 30. Januar 2013 (5A_670/2012) aufzeigt.

Sachverhalt
Ein Bauer hatte sieben Kinder. Am 19. Mai 1998 verkaufte der Bauer einem seiner Söhne sein Wohnhaus mit Stall und seine Scheune zum Preis von Fr. 94‘100.00. Der Sohn tilgte die Kaufpreisschuld, indem er zwei Schuldbriefe mit einer Belehnung von Fr. 13‘640.00 und von Fr. 75‘000.00 übernahm und zudem seinem Vater ein Wohn- und Nutzniessungsrecht im Wert von Fr. 4‘760.00 einräumte.
Am 20. Juli 2008 starb der Bauer. Erben waren der Sohn und weitere sechs Geschwister. Gemäss Inventar hinterliess der Bauer Aktiven von Fr. 31‘997.00 und Passiven von Fr. 13‘640.00. Die Kosten im Zusammenhang mit dem Todesfall beliefen sich auf Fr. 20‘000.00.
Im Zusammenhang mit der Erbteilung kam es zur rechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Geschwistern. Die sechs Geschwister waren der Auffassung, dass sie wegen der viel zu günstigen Übertragung von Wohnhaus, Stall und Scheune benachteiligt worden waren. Im Erbprozess forderten sie Feststellung der Erbschaft, Ausgleichung (wegen der nach ihrer Auffassung viel zu hohen Vorbezüge des Sohnes) und Teilung (Zuteilung der Erbgegenstände und Ausgleichszahlungen). Insbesondere waren sie der Meinung, für die Bewertung der übertragenen Liegenschaften sei auf den Verkehrswert abzustellen. In erster Instanz wurde dieser von einem Experten mit Fr. 644‘000.00 bestimmt. Der Sohn demgegenüber war der Auffassung, für die Bewertung sei korrekterweise auf den Wert von Fr. 94‘100.00 abgestellt worden. Er schulde deshalb nichts mehr.

Ausgleichung
Nach Art. 626 Abs. 1 ZGB sind die gesetzlichen Erben gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbteil zugewendet hat. Was der Erblasser seinen Nachkommen als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schulderlass und dergleichen zugewendet hat, steht nach 626 Abs. 2 ZGB ebenfalls unter Ausgleichungspflicht, sofern der Erblasser nicht ausdrücklich das Gegenteil verfügt. Entscheidend war also die Frage, ob die Übertragung am 19. Mai 1998 eine unentgeltliche Zuwendung im Sinne von Art. 626 Abs. 2 ZGB war.

Gemischte Schenkung
In Frage kam vorliegend eine gemischte Schenkung. Für diesen Fall ist die Differenz zwischen dem Wert der übertragenen Vermögenswerte und dem dafür bezahlten Entgelt Gegenstand der Ausgleichung. Eine gemischte Schenkung setzt objektiv eine unentgeltliche Zuwendung und subjektiv einen Zuwendungswillen voraus. Der Preis muss bewusst unter dem wahren Wert des Kaufgegenstandes angesetzt werden.

Welcher Wert ist massgeblich
Weil ein landwirtschaftliches Gewerbe übertragen wurde, kamen verschiedene Werte in Betracht, um zu ermitteln, ob es sich bei der Übertragung vom 19. Mai 1998 tatsächlich um eine gemischte Schenkung handelte. ZumErtragswert, welcher mit Fr. 203‘340.00 ermittelt wurde, konnte die Anrechnung nicht gefordert werden. Der Sohn war nämlich nicht Selbstbewirtschafter nach Art. 17 BGBB, weshalb er sich das Gewerbe nicht zum Ertragswert anrechnen lassen konnte. Die Vorinstanzen rechneten das Gewerbe deshalb zum Verkehrswert von Fr. 644‘000.00 an. Das Bundesgericht hielt dem entgegen, dass im bäuerlichen Bodenrecht mit Art. 66 BGBB ein Höchstpreis gelte. Dieser Höchstpreis komme bei allen Veräusserungen eines landwirtschaftlichen Gewerbes zur Anwendung. Dieser bestimmt sich aus den Preisen vergleichbarer landwirtschaftlicher Gewerbe oder Grundstücke in der betreffenden Gegend aus dem Mittel der letzten fünf Jahre. Dieses Mittel dürfe um nicht mehr als 5 Prozent überschritten werden. Die Kantone können den Satz auf 15% erhöhen. Da der Höchstpreis nach Art. 66 BGBB nicht festgestellt wurde, konnte der Fall noch nicht entschieden werden.

Fazit
Sind in einer Erbschaft landwirtschaftliche Gewerbe enthalten, ist bei erbrechtlichen Fragen der Zuweisung und Bewertung das BGBB zu beachten. Dieses Gesetz favorisiert grundsätzlich den Ertragswert. Zudem sieht es einen Höchstpreis vor. Der Verkehrswert kommt deshalb nur beschränkt zur Anwendung.