Wer ein Grundstück kauft, muss im Kaufvertrag meist weitreichende Klauseln akzeptieren, mit welchen er auf jegliche Gewährleistung verzichtet. Nach der Übertragung, wenn die Mängel dann zum Vorschein kommen und der Schaden entstanden ist, kann sich der Käufer meist nur noch auf die Nichtigkeit von Klauseln oder arglistige Täuschung berufen. Diese Berufung hat aber ihre Grenzen. Gegen klare Klauseln und ohne genügende Substanzierung ist diese Berufung meist nicht erfolgsversprechend (vgl. die Entscheidung des Bundesgerichts in 4A_155/2015).
Sachverhalt
Am 29. März 2010 kaufte eine AG ein Grundstück. Verkäuferin war eine Erbengemeinschaft. Der Kaufvertrag enthält die folgende Freizeichnungsklausel: „Jede Gewährspflicht (Haftung) der veräussernden Partei für Rechts- und Sachmängel am Vertragsobjekt im Sinne des OR wird aufgehoben, soweit in diesem Vertrag nichts anderes vereinbart ist. Die Parteien sind von der Urkundsperson über die Bedeutung dieser Freizeichnungsklausel orientiert worden. Insbesondere darüber, dass diese Vereinbarung ungültig ist, wenn die veräussernde Partei der erwerbenden Partei die Gewährsmängel absichtlich oder grobfahrlässig bzw. arglistig verschwiegen hat (Art. 100 Abs. 1, 192 Abs. 3 und 199 OR).“ Ziff. 6 der Schlussbestimmungen zum Kaufvertrag lautet wie folgt: „Die Vertragsparteien nehmen davon Kenntnis, dass nach Ziffer 3 des Anhanges zur Verordnung über elektrische Niederspannungsinstallationen vom 7. November 2001 (SR 734.27) die Niederspannungsinstallationen mit zehn- oder zwanzigjähriger Kontrollperiode bei einer Handänderung kontrolliert werden müssen, wenn seit der letzten Kontrolle mehr als fünf Jahre vergangen sind. Die Vertragsparteien erklären, dass die vorgeschriebene Kontrolle der elektrischen Niederspannungsinstallation im Erwerbsobjekt erst nach der Eigentumsübertragung durch die erwerbende Partei veranlasst wird. Sollten sich daraus für sie Nachteile irgendwelcher Art (namentlich Kostenfolgen) ergeben, wird die veräussernde Partei von jeder Gewährleistungspflicht befreit.“
Mit Kaufvertrag vom 28. April 2010 erwarb eine weitere AG das Grundstück von der ersten Käuferin. Allfällige Ansprüche aus dem Kaufvertrag mit der Erbengemeinschaft wurden an die neue Käuferin abgetreten. Nach der Übernahme wurden gravierende Mängel bei den elektrischen Niederspannungsinstallationen festgestellt. Die neue Käuferin machte in der Folge Nichtigkeit der Freizeichnung, zumindest aber ein arglistiges Verschweigen der Mängel geltend, und forderte eine Minderung des Kaufpreises.
Vorliegen eines Mangels
Die Mängel der Niederspannungsleitungen waren unbestritten. Die Verkäufer beriefen sich aber auf die Freizeichnung.
Keine Nichtigkeit der Freizeichnung
Die neue Käuferin macht nun geltend, Ziff. 6 der Schlussbestimmungen des Kaufvertrags zwischen den Verkäufern und der Käuferin sei nach Art. 20 OR nichtig, weil sie gegen zwingendes Recht verstosse. Sie stützt sich für die Begründung der Nichtigkeit auf die Niederspannungs-Installationsverordnung (NIV). Tatsächlich sind im Anhang zur NIV die Kontrollperioden für die einzelnen elektrischen Installationen festgehalten. Nach Ziff. 3 des Anhangs müssen elektrische Installationen mit zehn- oder zwanzigjähriger Kontrollperiode bei jeder Handänderung nach Ablauf von fünf Jahren seit der letzten Kontrolle kontrolliert werden. Nach dem Fact-Sheet des Bundesamtes für Energie vom 22. April 2003 zur Kontrolle bei Handänderung ist der alte Eigentümer der Installation dafür verantwortlich, dass vor Handänderungen eine Installationskontrolle durchgeführt wird. Darauf berief sich nun die Käuferin. Das Bundesgericht hält dem aber entgegen, dass dieses Factsheet kein objektives schweizerisches Recht darstellt, sondern nur als Auslegungshilfe berücksichtigt werden könne, aber eben nicht müsse. Ziff. 3 des Anhangs zur NIV stehe aber einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer, wonach der Käufer nach der Eigentumsübertragung die elektrischen Installationen kontrollieren lassen kann, gerade nicht entgegen. Damit aber war die Freizeichnung im Kaufvertrag gültig. Eine Nichtigkeit der Freizeichnung konnte von der Käuferin nicht nachgewiesen werden.
Keine absichtliche Täuschung durch die Verkäufer
Die Käuferin berief sich zusätzlich auf Arglist der Verkäufer; diese hätten die schweren Mängel der elektrischen Installationen absichtlich verschwiegen. Bei Arglist verliere die vereinbarte Freizeichnungsklausel aber ihre Gültigkeit. Im vorliegenden Fall aber konnte die Klägerin diese Arglist nicht nachweisen.
Fazit
Bei Freizeichnungsklauseln ist Vorsicht geboten. Sie dürfen nicht gegen das Gesetz verstossen (Art. 20 OR). Zudem greifen sie bei arglistigem Verschweigen wesentlicher Mängel nicht. Allerdings werden hohe Anforderungen an die Begründung und Substanzierung dieser Einwendungen gestellt.